Zwischen Tradition & Moderne

Viel Grün und kaum Lärm, aber doch urban und nah dran an den wichtigen Verkehrsadern der Stadt. Alte Bausubstanz unter denkmalschutzrechtlichen Auflagen saniert. Die Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Gartenstadt-Kolonie Reform eG scheint auf Gegensätze spezialisiert zu sein und bewegt sich zwischen Tradition und Moderne. Bereits 1909 wurden die Vorgänger der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft gegründet: zunächst die „Gartenstadt-Kolonie-Reform“, später – im selben Jahr – die mittelständisch geprägten Baugenossenschaften„Gartenstadt Hopfengarten“ und „Bauverein der Grusonwerk-Beamten“. 1975 ging aus diesen drei Genossenschaften die „GWG Reform“ hervor. Initiator zu Beginn des 20. Jahrhunderts war ein kleiner Kreis von Arbeitern des Krupp-Grusonwerkes, der sich für die Ideen der deutschen Gartenstadtbewegung begeisterte. Geprägt durch die Architektur Bruno Tauts entstand so ab 1913 eine Reihenhaussiedlung mit Gärten, deren Spektrum von der kleinteiligen Architektur der Zeit vor dem ersten Weltkrieg bis zur Realisierung komplexer Reihenhauszeilen mit Sattel- und Flachdächern in den 1930er Jahren reicht.
Heute hat die GWG Reform mehr als 2.200 Mitglieder und bietet all die Vorteile, die eine Genossenschaft ausmachen. 2007 wurde die Immobilien Gartenstadt-Kolonie Service GmbH als hundertprozentige Tochter gegründet, die u.a. das Parkhaus am Bärplatz und das Parkhaus am Elbbahnhof betreibt. Auch neugebaute Immobilien gehören zum Angebotsspektrum – 2013 wurde beispielsweise ebenfalls am Bärplatz ein Gebäude mit 30 Wohnungen und 3 Gewerbeeinheiten errichtet. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch nach wie vor auf den „alten“ Beständen. Die GWG Reform verfügt über eine Wohnfläche von mehr als 126.000 Quadratmetern, die auf 1.827 Wohnungen verteilt ist. 87 Prozent des Bestands wurden vor 1950 erbaut, 43 Prozent stehen sogar seit 1980 als Ensemble unter Denkmalschutz.
Das sei Fluch und Segen zugleich, meint Laura Meißner, die bei der Gemeinnützigen Genossenschaft für die Vermietung zuständig ist. Ein Segen natürlich aufgrund der guten Lage und des vielen Grüns, das die denkmalgeschützten Reihenhäuser in Alt Reform umgibt. Vor allem für junge Familien seien die farbenfrohen Häuser, die äußerlich nach dem Vorbild der ursprünglichen Gebäude saniert wurden, mit ihren großzügigen Gärten geeignet. „Die Themen Erholung und Selbstversorgung spielen heute wieder eine wichtige Rolle“, sagt Laura Meißner. „Daher ist die Nachfrage nach den Wohnungen mit eigentumsähnlichem Charakter und den Hausgärten recht groß.“
Jedoch muss ein Teil der im Volksmund als „Arbeitersiedlungen“ bekannten Reihenhäuser noch saniert werden. Im Rahmen des Programms „Tapetenwechsel“ will die GWG Reform den Bestand innen und außen modernisieren und ihn an die Ansprüche des heutigen Wohnens anpassen. Dazu gehört neben der Instandsetzung der Dielenböden – sofern möglich – auch die Modernisierung der Wände, Dächer, Fenster, Türen und Heizungsanlagen sowie die Optimierung der nutzbaren Fläche. „Wo früher eine Familie mit vier oder fünf Kindern wohnte, lebt heutzutage eine Familie mit einem Kind. Die Bedürfnisse haben sich geändert, aber den Grundriss eines denkmalgeschützten Hauses kann man nicht so einfach ändern. Hier müssen wir Kompromisse schließen und uns so gut es geht den Nutzerwünschen annähern“, erklärt Laura Meißner. Derzeitig sei der Bedarf an modernisierten Reihenhäusern jedoch nicht zu decken, weshalb sich künftige Mieter noch ein wenig gedulden müssen. Tina Heinz

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