Eine Stadt steigt auf

Magdeburg ist Aufbruch. Nicht nur der Fußball spielt nun in einer höheren Klasse, sondern bei vielen harten Faktoren bricht die Stadt derzeit Rekorde und zieht vor allem junge Menschen an.

Der 1. FC Magdeburg kommt mit seinem Aufstieg in die 2. Bundesliga dem deutschen Fußball-Olymp ein Stück näher. Auf jeden Fall steigt die nationale Aufmerksamkeit für die Kicker aus der Ottostadt. Aber der Fußball ist nicht der einzige Bereich, in dem die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt für Aufbruch steht. Der sportliche Erfolg kann gut als Meilenstein für eine neue Etappe der städtischen Entwicklung stehen. Zahlreiche Kennziffern untermauern eine positive Gesamtentwicklung, mit der Magdeburg anderenorts als aufstrebene Metropole wahrgenommen wird.

Die Zeitschrift „Wirtschaftswoche“ setzte die Elbestadt in ihrer Februarausgabe auf Platz Eins der 50 größten deuschen Städte bei der Attraktivität für Immobilienkäufe, sowohl für Vermieter als auch für Selbstnutzer. „Mit 6.4 Prozent Ertrag auf das Eigenkapital bietet keine andere Stadt Käufern im Vergleich zu Mietern so gute Bedingungen“, schrieben die Wirtschaftsfachjournalisten. Im vergangenen Jahr wurde die Stadt als „Premier-Kommune“ beim „Großen Preis des Mittelstandes“ der Oskar-Patzelt-Stiftung ausgezeichnet. Eine steigende Exportquote von 9,9 Prozent im Jahr 2000 auf 32 Prozent im Jahr 2016 zeigt, dass die Produkte von Magdeburger Firmen international mehr gefragt sind. Die Arbeitslosenquote ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken (April 2016: 10,8 Prozent; April 2018: 8,8 Prozent).

Magdeburg wächst. Das beweisen die steigenden Einwohnerzahlen, die längst weit über einstigen Prognosen liegen. Rechnete man 2015 im besten Fall für 2018 mit rund 239.000, so lebten zum Stichtag 31. Dezember 2017 bereits 241.769 Menschen innerhalb der Stadtgrenze. Das Statistische Landesamt prophezeite 2007 der Landeshauptstadt gar einen Bevölkerungsrückgang auf unter 220.000 Einwohner. Die realen Zahlen verbannen alle Prognosen für Magdeburg ins Reich der Fantasie. Mit 110.695 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten erreichte die Stadt im September 2017 ein neues Rekordhoch. Auch wenn das durchschnittlich verfügbare Einkommen pro Kopf mit 17.805 Euro (2015) noch nicht dem Bundesschnitt von 23.540 Euro entspricht, so zeigt die Kurve dennoch nach oben (17.102 Euro 2013). Selbst die Kaufkraft der Magdeburger klettert von Jahr zu Jahr auf neue Höchststände. Lag 2012 die absolute Kaufkraft bei knapp 230 Millionen Euro so wird sie für 2017 bereits mit über 238 Millionen Euro angegeben. Mit 4,2 Prozent Wirtschaftswachstum ragte die Ottostadt 2015 (letzte vorliegende Angabe) gegenüber allen kreisfreien Städte Sachsen-Anhalts heraus. Das Gewerbesteueraufkommen nährte sich bereits zwei Mal der 100 Millionen Euro Marke und könnte den Betrag vielleicht in diesem Jahr deutlich überspringen.

Deutliche Belege für das Aufblühen Magdeburgs ist die aktuelle Bautätigkeit. Man darf zwar mit Recht enttäuscht über Kostenexplosion und Zeitverzögerung beim Tunnelbau, beim Fortschritt der neuen Straßenbahntrassen und beim Stopp des Vergabeverfahrens für die neue Elbbrücke sein, aber die Kräne am neuen Domviertel sind echte Aufbruchssymbole. Im Wissenschaftshafen gestaltet die Grundtec derzeit die „ElbArkaden“, in denen einerseits Büro- und Gewerbeflächen und andererseits exklusive Wohnungen entstehen. Im nächsten Jahr will das Unternehmen den Startschuss für die Neubebauung auf der Westseite des Universitätsplatzes geben. Ebenfalls soll dann der „Luisenturm“ die Silhouette der Innenstadt neu definieren und der SWM-Neubau wird der Kreuzung Breiter Weg/Ernst-Reuter-Allee ein neues Antlitz schenken.

Nicht nur bei den harten Fakten spielt Magdeburg inzwischen in einer anderen Liga. Auch den weichen Faktoren werden in der Stadt beachtenswerte Akzente gesetzt. Beispielsweise verkündete der Chef der Breakdance-Crew „Da Rookies“, Niels Klebe, kürzlich, dass 2020 die Breakdance-Weltmeisterschaft in der Magdeburger Getec-Arena ausgerichtet werden sollen. Auch wenn es nur ein Symbol ist, doch mit der längsten Kette an Vogelhäuschen (über 4.000 Stück) könnte sich die Ottostadt im nächsten Monat, am 23. Juni, im Guinnessbuch der Rekorde vor Moskau eintragen. Der wirtschaftliche Abschwung in den ersten Jahren der deutschen Einheit sind lange überwunden und Magdeburg hat einen grundlegenden Wandel hingelegt. Vielleicht dauerte er länger als manche gewünscht hatten, aber er hat deutliche Ergebnisse hervorgebracht. Baufinanzierungsexperte Matthias Kühne sagte mit Blick auf den 1. FCM: „Im Fußball sind wir in der 2. Liga angekommen. Die Stadt selbst spielt schon lange in der 1. Liga.“ Thomas Wischnewski

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