Elektromobilität fehlt es an Energie

Ladestation der SWM im City-Carré. Foto: SWM

Elektromobilität erscheint am Horizont wie das Zauberwort einer rosigen Autozukunft. „Mit 43 Prozent Anteil an der Weltproduktion von 870.000 E-Fahrzeugen liegt das asiatische Land deutlich vor Deutschland mit 23 Prozent und den USA mit 17 Prozent“, heißt es über China in einem Beitrag auf dem Elektroauto-Portal „ecomento.tv“. Forderungen aus der Politik machen Druck auf die Automobilindustrie. Der amerikanische Hersteller „Tesla“ hält vielfach als Musterbeispiel und Vorreiter her, muss jedoch auch Rückschläge hinnehmen: 53.000 Autos wurden kürzlich zur Überprüfung der elektrischen Feststellbremsen in die Werkstätten zurückgerufen. Die Deutsche Post-Tochter StreetScooter will ihre Elektrotransporter an Dritte verkaufen. Wegen der großen Nachfrage und der für den eigenen Betrieb in Deutschland und Europa notwendigen Fahrzeuge werde man die Kapazitäten zur Produktion der Elektrofahrzeuge bis Ende des Jahres von 10.000 auf bis zu 20.000 verdoppeln, informiert die Post. Trotzdem die traditionellen deutschen Autokonzerne zurückhaltend agieren, gewinnt man aus zahlreichen Veröffentlichungen den Eindruck, als sei das batteriegetriebene Auto kurz vor dem Durchbruch.
Sachsen-Anhalt verfügt über ein Straßennetz von mehr als 11.000 Kilometern Länge, Elektroautos kann man darauf selten entdecken. Auch in Magdeburg bleiben Strommobile Seltenheiten. Keine 500 von rund 120.000 zugelassenen Fahrzeugen sind in der Landeshauptstadt registriert. Und die Mehrzahl der E-Mobile sind gar keine Autos. Die Städtischen Werke Magdeburg beobachten die Entwicklung aufmerksam. Das Unternehmen ist schließlich der örtliche Stromanbieter. Man sollte annehmen, dass sie sich mit zunehmender Elektromobilität zusätzliche Geschäfte erwarten.
„Davon sind wir derzeit noch entfernt“, sagt Anne- Kathrin Beyer, SWM-Bereichsleiterin Marketing. „Wir unterhalten aktuell drei Ladestationen im Stadtgebiet und planen zwei weitere, eine in Sudenburg und eine Buckau. Allerdings existiert derzeit noch kein schlüssiges Abrechnungsmodell“, so die SWM-Mitarbeiterin. Den Strom gibt es an den öffentlichen Dosen noch kostenlos. Dort eine Bezahlschranke einzurichten, erscheint Anne-Kathrin Beyer vorerst nicht sinnvoll. Dafür seien die Abrechnungsmodalitäten noch unklar. Und wenn der Strom dort Geld kostete, wirds das Fahrzeugdoch lieber Zuhause aufgeladen. Die SWM lassen das Thema dennoch nicht aus den Augen. Eine sogenannte „Wallbox“, ein genormter Ladeanschluss für den privaten Bereich, ist in der Entwicklung. Eine flächendeckende Elektromobilität kann man heute nur als ferne Zukunftsmusik begreifen. Der Ausbau des vorhandenen Stromnetzes mit dessen Versorgungskapazitäten würde eine Massennutzung im Zeitraum weniger Jahre nicht abdecken können. Für entsprechende Investitionen müsste viel Geld in die Hand genommen werden. Wollte jeder eine Zapfsäule vor der Haustür haben, käme das einer Erweiterung des vorhandenen Stromnetzes gleich. Straßen müssten aufgerissen, Leitungen und Anschlüsse neu verlegt.
Das Thema Elektroautomobile ist außerdem in vielen anderen Belangen noch gar nicht zu Ende gedacht. Es wird zwar reichlich in die Stromspeicherforschung investiert, doch welche Folgen hat die Produktion von Batterien? Wie sollen sie massenhaft umweltgerecht entsorgt und/oder recycelt werden. Bringt die Verlagerung der Energieerzeugung vom Motor im Fahrzeug zum Stromproduzenten tatsächlich einen Gewinn in der Umweltbilanz? Was, wenn inzwischen doch alternative Antriebe entwickelt und große Investitionen in den Ausbau eines flächendeckenden Ladesystems obsolet werden?
Im Öffentlichen Nahverkehr Magdeburgs gibt es solche offenen Gedankenspiele nicht. Hier zieht zumindest die Straßenbahn verlässlich unter Strom ihre Kreise. Richtig rosig macht sich ein anderer Elektro-Mobilitätsbereich: E-Bikes verkaufen sich europaweit immer besser – im Gegensatz zu Elektroautos, vor allem in Deutschland. Der Absatz von Fahrrädern mit elektrischen Hilfsmotoren, sogenannten EPACs, ist stark gestiegen. Deutschland hat laut Herstellerverband Conebi mit rund 40 Prozent den größten Anteil am E-Bike-Markt. Insgesamt werden in der Europäischen Union etwa 21 Millionen Fahrräder und EPACs im Jahr verkauft, von denen etwa 13 Millionen auch in der EU produziert wurden. Hier verleihen die Städtischen Werke derzeit sieben E-Bikes. Der Erlös aus dem Verleih (5 Euro pro Tag; 10 Euro für ein Wochenende) wird übrigens komplett für das Verkehrserziehungsprojekt „Mobil in Magdeburg“ gespendet. Der Erfolg der E-Bikes ist schnell fassbar: Anschaffungs- und Unterhaltungskosten bleiben überschaubar. Wenn die Batterie alle ist, kann man trotzdem weiterfahren und sie währenddessen aufladen. Eine Steckdose unterwegs ist also weniger wichtig. Thomas Wischnewski

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