Qualifizierung für jede Generation

Vorstellung der Umschulung zur Steuerfachangestellten sowie über Vermittlungsansätze für unterschiedliche Erwerbsaltersgruppen im Institut für Marktwirtschaft.

Das Institut für Marktwirtschaft (IMA) ist eine gemeinnützige GmbH und seit über 25 Jahren erfolgreich im Bildungssektor tätig. Die Qualifizierungsmaßnahmen der IMA umfassen den kaufmännisch-verwaltenden, den sprachlichen, den gewerblich-technischen und den sozialen Bereich. Ihre Aufgabe besteht vorrangig darin, den ständig steigenden Anforderungen an Qualifikation im Hinblick auf demografische Entwicklung, zukunftsorientiert zu planen und zu handeln. Aufgrund der sinkenden Zahl junger Nachwuchskräfte gilt es sich zudem auf die Förderung der älteren Erwachsenen (über 35 Jahren) zu konzentrieren. In der heutigen Berufswelt wird vorrangig die junge Belegschaft qualifiziert, da den älteren Arbeitnehmern eine geringere Produktivität und Leistungsfähigkeit unterstellt wird. Dabei wird jedoch häufig vergessen, dass sich die Erwerbsphase immer weiter nach hinten verschiebt und sich dementsprechend auch die Qualifizierungsphase anpassen muss.
Auf Grundlage dieser Entwicklungen hat das Institut für Marktwirtschaft ein spezielles Bildungsangebot geschaffen. Seit 2012 wird die 24-monatige Umschulung zum/-r Steuerfachangestellten angeboten (inkl. 8,5 Monate Praktikum). Das Ziel ist die Vorbereitung auf die Prüfung vor der Steuerberaterkammer. Die Ausbildung zum Steuerfachangestellten ist ein Bildungsangebot für qualifizierte Mitarbeiter in den Einzelpraxen und Gesellschaften der Steuerberater. Sie befähigt, alle anfallenden Aufgaben im steuerlichen Bereich, der Buchhaltungsorganisation und der Lohn- und Gehaltsabrechnung zu erledigen.
Die Finanzierung der Umschulung kann über einen Bildungsgutschein, den Berufsförderungsdienst, Reha-Träger, Betrieb oder privat erfolgen. Aktuell wird der vierte Kurs erfolgreich durchgeführt und ein neuer Kurs ist zum 8. Mai 2017 geplant. Es können maximal 16 Personen teilnehmen. Circa 65 Prozent des ersten und zweiten Kurses haben die Prüfung erfolgreich bestanden und konnten im Anschluss in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vermittelt werden. Die Kurse werden von hervorragend qualifizierten Fachdozenten, wie Steuerberater oder Fachwirte, durchgeführt.
Die Umschulung ist ausgerichtet auf Interessenten mit Realschulabschluss bzw. einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einem anerkannten Beruf. Zum Vorteil sind Berufsabschlüsse aus artverwandten Branchen, wie Wirtschaft und Verwaltung. In der Realität setzt sich die Gruppe jedoch zum Großteil aus Frauen zusammen, die einen artfremden Beruf erlernt haben bzw. keinen Berufsabschluss besitzen und zudem arbeitslos sind. Die Altersstruktur der Teilnehmer liegt im Durchschnitt bei 35-50 Jahren.
Diese heterogenen Faktoren und das zum Großteil fortgeschrittene Alter der Teilnehmer stellen die Dozenten des Instituts für Marktwirtschaft bei der Gestaltung und Durchführung des Unterrichts vor besondere Herausforderungen. Bevor Besonderheiten der methodischen Gestaltung des Curriculums näher betrachtet werden, gilt es darzustellen, aus welcher Motivation heraus ältere Personen einen neuen Beruf erlernen wollen.
Der Entwicklungspsychologe Levinson hat im Jahr 1978 aufgezeigt, dass die Menschen ab dem 33. Lebensjahr stark nach einem beruflichen Aufstieg und neuen beruflichen Aufgaben streben. Vor allem in der Lebensmitte (40-45 Jahren) stellt man sich oft die Frage: Was habe ich bisher mit meinen Leben gemacht und was sollte ich ändern? Zudem zielt der Mensch mit zunehmendem Alter darauf ab, seine persönliche Sicherheit zu gewährleisten und damit seine Lebensqualität zu verbessern. Dies verdeutlicht eine grundsätzliche Bereitschaft der Menschen zum lebenslangen Lernen. Berufliche Karrieren mit geringer belastenden Arbeitsplätzen und Lernerfolge werden als wichtig erachtet und als positive berufliche Veränderung erlebt.
Durch die berufliche Weiterbildung bleibt die Beschäftigungsfähigkeit älterer Menschen erhalten und ihnen wird der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt ermöglicht. Des Weiteren werden verpasste Bildungschancen im Alter nachgeholt. Dies dient dem beruflichen und sozialen Aufstieg. Dabei spielen Selbstverwirklichung und Persönlichkeitsbildung eine große Rolle. Schlechte Arbeitsbedingungen, wie Überstunden, Schichtarbeit, Niedriglohn sowie körperliche und seelische Belastung, vor allem aus den Branchen Handel und Gastronomie, steigern die Motivation fachlich höhere Qualifikationen zu erreichen, um im Anschluss unter besseren Arbeitsbedingungen zu arbeiten.
Der Beruf des Steuerfachangestellten sichert einen interessanten, anspruchsvollen sowie zukunftssicheren Arbeitsplatz mit vielfältigen Perspektiven und angenehmen Arbeitszeiten. Über die Reduzierung der Arbeitszeit kann unter anderem ein Belastungsabbau erreicht werden. Für Beschäftigte ist es bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit sehr wichtig, dass sich diese an ihren Wünschen und Bedarfen anpasst. Hierbei spielt die Work-Life-Balance eine große Rolle.
Zudem besteht nach drei Jahren Berufstätigkeit als Steuerfachangestellte/-r die Möglichkeit der Fortbildungsprüfung zum/-r SteuerfachwirtIn. Bereits nach insgesamt sieben Jahren Berufserfahrung besteht die reelle Chance, die Steuerberaterprüfung erfolgreich abzulegen und die Kariere mit der eigenen Selbstständigkeit zu krönen. Auch diese Perspektive wird von den Teilnehmern als großer Vorteil angesehen.
Um einen erfolgreichen Abschluss zum Steuerfachangestellten zu gewährleisten müssen altersgerechte Lernprozesse gestaltet werden. Ältere, vor allem ältere lernentwöhnte Menschen, weisen besondere Lernbedürfnisse und einen anderen Lernstil auf, weshalb eine zielgruppengerechte Gestaltung des Unterrichts zur Steigerung der Lernfähigkeit und Motivation von großer Bedeutung ist.
Ältere sehen sich bezüglich ihrer Lernfähigkeit mit negativen Vorurteilen konfrontiert. In den vergangenen Jahren wurde durch die Lehrbeauftragten jedoch Gegenteiliges beobachtet. Ältere Kursteilnehmer würden sich durch eine hohe Motivation, Fleiß und Engagement auszeichnen. Weitere positive Potenziale seien eine größere Lebens- und Arbeitserfahrung, eine schärfere Auffassungsgabe, die Fähigkeit über einen Sachverhalt sorgfältiger nachzudenken und eine bessere Ausdrucksfähigkeit. Grundsätzlich ist festzustellen, dass Lern- und Leistungsfähigkeit sowie Lernbereitschaft mit zunehmendem Alter nicht sinkt, sondern nur die Lerngeschwindigkeit nachlässt. Ein Defizit des Älterwerdens ist eine Verlangsamung von Prozessen  (geistige und körperliche). Längere Erholungszeiten sind notwendig.
Zudem muss der Lernstoff übersichtlich dargestellt werden, je komplexer der Lernstoff ist, desto schwieriger wird es für diese Gruppe zu lernen. Häufig fehlt es ihnen an der Lerntechniken, um mit der Vielzahl der Informationen umzugehen.
Außerdem muss sich die Lehrkraft darüber im Klaren sein, dass die Schwierigkeiten beim Lernen nicht vorrangig durch das Altern sondern durch unterschiedliche (bildungs-) biografische, soziale, psychische und pädagogische Voraussetzungen beeinflusst werden. Dies bedeutet Lerninhalt adressatengerecht zu gestalten sowie arbeitsnahe Lernformen zu nutzen, um einen Wiedereinstieg in Lernprozesse zu ermöglichen. Daneben schrecken ältere Menschen auch vor dem starken Prüfungs- und Testcharakter der Instrumente zurück, weshalb sie diese weniger akzeptieren. Es gilt diese Angst im Rahmen des Unterrichts, vor allem durch eine gezielte Prüfungsvorbereitung abzubauen.  
Die Ausführungen verdeutlichen, wie wichtig es ist berufliche Weiterbildung über den gesamten Erwerbsverlauf zu fördern und moderne Weiterbildungen für eine breite Zielgruppe anzubieten, die den Erfordernissen des Arbeitsmarktes in Zeiten des lebenslangen Lernens entsprechen. Auf diese Weise begegnet das Institut für Marktwirtschaft (IMA) der sich ständig im Wandel befindenden Arbeitswelt mit Fachwissen, Flexibilität und zukunftsorientiertem Denken und Handeln. Krystina Deblitz

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