Trotz Ruhestand ein unruhiger Forschergeist

Wissenschaft zu betreiben, heißt unermüdliche Geduld für unzählige Untersuchungsreihen aufzubringen. Die Biologin Hella Wolf leistet diese Akribie seit fast 20 Jahren. Und das heute noch mit 73 Lebensjahren.

Im Labor des Instituts für Pathologie der Universität Magdeburg herrscht geschäftiges Treiben. Täglich muss hier eine Vielzahl an Gewebeproben auf Infektionen, Tumore und degenerative Prozesse untersucht werden. Im klinischen Alltag werden schnelle und präzise Diagnosen gefordert. Zwar sind manche Abläufe automatisiert. Vieles aber geht nur „von Hand“. In einem solchen Labor sitzt Hella Wolf und blickt konzentriert ins Okular eines Mikroskops. Die Diplom-Biologin leistet hier wichtige Forschungsarbeit in der Immunhistochemie. Wie und wo in einer Zelle werden die gesuchten Moleküle mittels Antikörpern sichtbar? So kann man ihre Fragestellung kurz zusammenfassen.

Zwei bis vier Stunden dauert allein die Vorbereitung der Präparate, mikrometerdünne Schnitte von Organen der Maus oder des Menschen. Die müssen mit markierten Antikörpern versetzt werden. Die Reaktionen oder ihr Fehlen werden akribisch dokumentiert. Oft vier bis sechs Stunden trifft man Hella Wolf im Labor an. Und das ist schon eine Besonderheit. Denn die wissenschaftliche Mitarbeiterin hat ihren 73. Geburtstag bereits gefeiert und könnte seit neun Jahren ihren Ruhestand genießen. Hinter ihr liegen ein fünfjähriges Studium der Biologie von 1964 bis 1969 an der Leipziger Universität mit anschließender Arbeitsaufnahme in der dortigen Veterinärmedizin. Später wechselte sie in die gynäkologische Zytologie des Leipziger St. Georg Klinikums. Ins Magdeburger Institut für Pathologie kam Hella Wolf 1980, als ihr Ehemann Gerald Wolf dem Ruf auf eine ordentliche Professur an der Medizinischen Akademie folgte. Seit 1999 ist sie in der Forschung tätig. „Mir macht die Arbeit eine Riesenfreude“, sagt sie über ihre ungebrochene Lust, oft täglich in die Mühen der Forschung einzutauchen. Und für die Arbeit, die sie hier leistet, bekommt sie kein Geld. Die sinnstiftende Tätigkeit, die interessanten Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen wie auch mit Studenten und die Anerkennung für das, was sie tut, mag den Lohn erklären, der für sie dabei herausspringt.

Seit zwei Jahren untersucht Hella Wolf Präparate von Niere, Magen, Darm, Leber und Milz in Hinblick auf Transkriptionsfaktoren, die sich positiv oder negativ regulierend auf Gene auswirken können. Die Laborautomaten sind weniger für solche Forschungsaufgaben geeignet, weil sie Massenuntersuchungen in standardisierten Verfahren leisten müssen. Hella Wolf ermöglicht Flexibilität in Dosierungen auch in kleinen Testreihen und verfügt über die Erfahrung und das Wissen, entsprechende Veränderungen innerhalb einer Zelle und deren Bestandteilen erkennen und deuten zu können. Ihre Laborkollegen müssten solche Aufgabe neben ihrer sonstigen Arbeit leisten. Dafür bleibt aber oft gar keine Zeit. Dass ihnen Hella Wolf zur Unterstützung weiterhin erhalten bleibt, liegt eben an ihrer Lust und Leidenschaft für die täglichen Mühen wissenschaftlicher Arbeit. (tw)

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