Unterwegs in der Stadt aus Eisen

Zeugnisse entfesselter Industriekräfte, bis zu 125 Meter lang und über 30 Meter hoch, beherrschen die 20 Hektar große Halbinsel im Gremminer See: Fünf Stahlkolosse, Schaufelrad- und Eimerkettenbagger sowie Absetzer. Die ausgedienten Geräte, inmitten des 1991 ausgekohlten Tagebaus Golpa-Nord, stehen für den Abschied von gigantomanischer Industriemoderne. Ferropolis – „Stadt aus Eisen“ – eingerahmt vom Gremminer See, der seinen Namen dem einst überbaggerten Dorf verdankt. 1981 mussten 142 Gremminer ihre Gehöfte verlassen. Der 1958 aufgeschlossene Tagebau bei Gräfenhainichen versorgte vor allem die Kraftwerke Zschornewitz und Vockerode mit Braunkohle zur Erzeugung von Elektrizität. 820 Bergleute arbeiteten hier zu Spitzenzeiten. Zwischen 1974 und 1987 wurden 69,9 Millionen Tonnen Rohbraunkohle gefördert.

Doch zu Beginn der 1990er Jahre erreichte die rund 150-jährige Bergbau- und Industriegeschichte Mitteldeutschlands einen Wendepunkt: Der Braunkohletagebau im Raum Gräfenhainichen und Bitterfeld wurde eingestellt. Zurück blieben Löcher in der Landschaft und 7.000 Tonnen Stahl, freigegeben zur Verschrottung. Doch die Bagger und Absetzer wurden 1994 auf Anregung des Bauhauses Dessau unter Denkmalschutz gestellt. 2000 begann die Flutung des Tagebaus, bis aus dem Wasser nur noch das surreal anmutende Halbinselreich Ferropolis ragte. Im selben Jahr feierte man in der 25.000 Menschen fassenden Arena die Einweihung der „eisernen Stadt“, die seit 2005 Referenzstandort der Europäischen Route des industriellen Erbes ist. Inzwischen haben über eine Million Menschen Ferropolis besucht. Kulturfestivals, internationale Events wie das „Melt!” ebenso wie große Konzerte von Herbert Grönemeyer bis Metallica haben Ferropolis einen europaweiten Ruf als außergewöhnlichen Kunstort verliehen.

Am 28. April, dem Tag der Industriekultur in Sachsen-Anhalt, veranstaltet die WelterbeRegion Anhalt-Dessau-Wittenberg einen Radaktionstag auf dem Radweg Kohle-Dampf-Licht. Es gibt vier Sternfahrten: aus Wittenberg, Dessau, Bitterfeld und rund um Ferropolis, wo die Touren auch enden. Hier erwarten die Radfahrer touristische Informationsstände, die Möglichkeit eines Fahrradchecks und Verpflegung. Gleichzeitig findet eine Modellbahnausstellung vom 26. bis zum 28. April statt. In diesem Jahr werden vorrangig Anlagen großer Spurweiten gezeigt.

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