Von Aachen bis Berlin über den Strom

Der Nordbrückenzug mit der Königsbrücke, eingeweiht 1903.

Schon im ausklingenden 19. Jahrhundert spitzte sich die Verkehrssituation zwischen dem Ost- und dem Westteil der Stadt zu. Als Nadelöhr entpuppte sich die erst 1862 eingeweihte Strombrücke, die kaum noch in der Lage war, den Verkehr zu bewältigen. Für den Bau einer neuen und größeren Brücke setzten sich die Stadtväter ein. Angesichts der sich immer weiteren Ausdehnung der Stadt war der Bau einer Nord- und einer Südbrücke über die Elbe zwingend notwendig. Da in der Altstadt Raummangel herrschte, hatte sich die Industrie mehr und mehr in Neustadt und Sudenburg angesiedelt. Damit stieg aber auch das Verkehrsaufkommen. Schifffahrt und Eisenbahn hatten einen wesentlichen Anteil daran. Nach den Eingemeindungen vieler Stadtteile wurde der Brückenbau jetzt notwendig. Seitens der Stadtverordneten gab es zum Projekt kaum Widerspruch. Im Gegenteil, diese erklärten in ihrer Sitzung am 23. April 1896 das Vorhaben zu einer „wichtigen Angelegenheit”. Favorisiert wurden gleich zwei Bauvorhaben – eine Nordbrücke im Zuge der Königstraße (heute Walter-Rathenau-Straße) und eine Südbrücke im Zuge der Oranienstraße (heute Danzstraße).

Die Vorbereitung des Baus beider Brücken zog sich über ein Jahrzehnt hin. Der Bau der Nordbrücke hingegen von 1900 bis 1903. Die Einweihung konnte schon am 4. Mai 1903, einem sonnigen Frühlingstag, mit dem Namen Königsbrücke vollzogen werden. Die Kosten betrugen insgesamt 1,2 Millionen Mark. Der Königliche Baurat und Architekt Dr. Peters (1850-1927) hob in seiner Eröffnungslaudatio hervor, dass es in der Geschichte Magdeburgs ein denkwürdiger Tag ist, denn 1000 Jahre hatte sich die Stadt mit Furten, Fähren und einem einzigen Brückenzug über die Elbe behelfen müssen. Die Techniker und Bauleute hatten sich dem Werk mit großem Eifer gewidmet, handelte es sich doch um ein Brückenbauwerk von so erheblichen Abmessungen, dass diese Königsbrücke damals zu den größten in Deutschland gerechnet werden durfte.

 

Die Herrenkrugbrücke als hölzerne Brücke über die Alte Elbe.

Den ganzen Jubel trübte nur ein Umstand: Der Zustand der Herrenkrugbrücke, die als Verlängerung über die Alte Elbe führte. Entgegen der Meinung der Baufachleute kam es zu keiner „robus-ten” Ausführung. Bis 1904 entstand hier eine Holzbrücke, die 30 Jahre ihren Dienst verrichten musste. Das Provisorium machte die Unzulänglichkeit des Nordbrückenzuges deutlich. Der marode Zustand war letztendlich eine Gefahr für den wachsenden Verkehr auf der damaligen Reichsstraße I, heute Bundesstraße 1, die von Aachen über Berlin bis zum damaligen Königsberg führte – der damals längsten Straße Deutschlands.

Die neue Brücke musste ein massives Bauwerk sein. Beim Bau wurden alle Straßen- und schifffahrtstechnischen Belange zukunftsorientiert berücksichtigt. Es gab freie Sichtverhältnisse von der gesamten Brücke aus und eine Unterteilung für alle Verkehrsarten. Das Bauwerk wurde am 1. Dezember 1934 als „Brücke der Magdeburger Pioniere” eingeweiht. Allerdings wurde sie elf Jahre später ein Opfer des Zweiten Weltkrieges und paradoxerweise am 18. April 1945 durch ihre Erbauer zerstört. Auch die Nordbrücke, die 1927 den Namen „Hindenburgbrücke” anlässlich des 80. Geburtstages von Paul von Hindenburg erhielt, sprengte am 18. April 1945 die Wehrmacht. Im März 1947 begann der Wiederaufbau. 1952 erfolgte die Einweihung des Bauwerkes, das den Namen „Wilhelm-Pieck-Brücke” trug. Auch den Übergang über die alte Elbe nahm man in Angriff und mit dem symbolträchtigen Namen „Brücke des Friedens” wurde sie im Dezember 1950 eingeweiht. 1956 konnten man die Straßenbahnstrecke vom Ernst-Grube-Stadion zum Nordbrückenzug in Betrieb nehmen. Rf

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