Erst FCM, dann ABC

Der Fußball-KidsClub des FCM ist keineswegs eine Sache nur für Jungs.

Im KidsClub des 1. FC Magdeburg zieht sich der Fußball-Zweitligist die Fans von morgen heran. Schon weit über 1.000 Jungen und Mädchen sind Mitglieder.

Während draußen auf dem Stadionvorplatz die Spannung schon regelrecht mit Händen zu greifen ist, Fans bei Bier und Bratwurst an- und aufgeregt die Chancen ihres FCM in den kommenden 90 Minuten diskutieren, glaubt man sich in dem knapp 50 Quadratmeter großen Raum gleich hinter den Ticketschaltern in einer anderen Welt. Hier sitzen Jungen und Mädchen, die meisten vielleicht zwischen vier und acht, um einen großen Tisch herum – und basteln emsig. Wären da nicht an den Wänden diverse blau-weiße Utensilien, man käme zunächst kaum auf die Idee, dass sich hier, nur einen Steinwurf entfernt, alles um die schönste Nebensache der Welt dreht. MAGDEBURG KOMPAKT ist zu Gast im „KidsClub“ des 1. FC Magdeburg.

Club-Leiter Thomas Schäfer räumt zunächst gleich einmal mit einem kleinen Irrtum auf: „Die Betreuung der Jüngsten während der Spiele ist nur eine von vielen Aufgaben, denen wir uns widmen – vielleicht nicht einmal die wichtigste.“ Denn hinter dem KidsClub steht eine übergreifende Idee: Schon so früh als möglich die Fans von morgen gewinnen. Jungen (und Mädchen!) in spielerischer und unterhaltender Form an den FCM heranführen. „In erster Linie“, sagt der 32-Jährige, der ansonsten in der FCM-Marketingabteilung tätig ist, „geht es uns um gemeinsame Erlebnisse und Spaß, aber auch um Lerneffekte. Für uns ist ein eigener KidsClub auch eine Frage des Images des Vereins.“ Bevor manche hier das „ABC“ richtig buchstabieren können, geht ihnen das „FCM“ schon viel flüssiger von den Lippen.

Beim FCM verweist man mit Stolz darauf, dass der Club heute 1.080 eingetragene Mitglieder besitzt; das sind, nebenbei bemerkt, mehr, als die meisten Oberligisten bei Heimspielen als Zuschauer hinter sich wissen. Drei Euro Mitgliedsbeitrag zahlen die Eltern für ihre Jüngsten im Monat. „Das ist natürlich nicht kostendeckend“, ergänzt der Club-Chef. Für die drei Euro bekommt das Kind eine Menge geboten. Regelmäßig wird zu exklusiven Kids-Club-Veranstaltungen eingeladen. Sechs bis acht kommen zwischen Januar und Dezember zusammen. So traf man sich zur Halloween-Zeit zu einer zünftigen Fete. Gemeinsam mit Profis des 1. FC Magdeburg wird gebacken, gebowlt oder geschwommen. Zudem gewähren Club-Partner die eine oder andere Ermäßigung, so etwa bei den sommerlichen Fußballschulen. Eine andere beliebte Aktion sind mehrere KidsClub-Fußballeskorten pro Saison. „Darauf freue ich mich immer am meisten, denn dann haben wir die Möglichkeit, mit unseren Lieblingsspielern Hand in Hand ins Stadion zu gehen“, sprudelt es aus dem neunjährigen Tino heraus.

Und auf noch etwas sind er und die anderen richtig „scharf“: das sogenannte Willkommens-Paket. Da haben es den Novizen insbesondere das persönliche T-Shirt, sogar mit dem eigenen Namensaufdruck, der Club-Ausweis und die Autogrammkarten von Profis angetan. Highlight im Frühjahr war ein gemeinsamer Ausflug in den Harz. Über 300 Teilnehmer, einschließlich Eltern, zog es nach Thale. Die dortige Seilbahnen Erlebniswelt, einer von zahlreichen Partnern des Clubs, hatte eingeladen, deren Attraktionen einmal persönlich zu testen. So wurde getreu dem Motto „wo im Harz der Teufel los ist“ das Gebiet zwischen Hexentanzplatz, Rosstrappe und Bode erkundet und erobert. Auch das überdimensionale Graffiti-Bild an der Giebelfront eines Hochhauses in der Magdeburger Lumumbastraße geht auf eine Aktion der Nachwuchsklubs zurück. Club-Mitglied Tyler, der den Spray-Künstlern als Model diente, in mit einer Höhe von 35 Metern so zum „größten“ Fan der Stadt geworden.

„Im April 2015 öffneten sich erstmals unsere Tore“, blickt Schäfer zurück. „Mit der Resonanz seither sind wir sehr zufrieden.“ Es war vor allem der enorme Zuschauerzuwachs, gerade auch aus Familien, der die Verantwortlichen des FCM, damals noch in der vierten Liga angesiedelt, bewog, einen solchen Club zu eröffnen. „Das hätten wir übrigens auch getan“, meint der Club-Chef, „wenn wir nicht kurz darauf in die dritte Liga aufgestiegen wären.“ Der Magdeburger KidsClub wendet sich offiziell an eine Zielgruppe zwischen 1 und 14 Jahren. Schäfer: „Die Kerngruppe bewegt sich zwischen fünf und neun.“ Aber auch schon ein sechs Monate altes Baby wollten Eltern, während sie in der Arena den Blau-Weißen die Daumen drückten, gern betreut sehen. Schäfer: „Da mussten wir allerdings leider passen …“

35 Kinder können heute bei Heimspielen im Club betreut werden. Das ist in etwa die Zahl, die dem derzeitigen Bedarf entspricht. „Am besten funktioniert es“, fügt Schäfer hinzu, „wenn sie am Spieltag frühzeitig an der MDCC-Arena eintreffen und sich bei uns anmelden.“ Im Club tummeln sich übrigens nicht nur FCM-Fans in spe aus Magdeburg und dem Umland. Die Club-Kartei weist auch Mitglieder aus Bayern, Bremen und dem Schwarzwald aus.

Generell ist es so, dass zur Betreuung nur geschultes Personal mit einer abgeschlossenen pädagogischen Ausbildung eingesetzt wird. Ein Stab von acht bis zehn Personen kümmert sich regelmäßig um die Kinder. „Uns geht es“, erläutert der Club-Chef, „neben dem Spaß und den Erlebnissen auch um die spielerische Vermittlung von Werten wie Fairness und Achtung vor dem Gegner. Der Wertevermittlung dienen ebenso Aktionstage, so gegen Rassismus und Antisemitismus.“ Die Club-Betreiber setzen dabei bewusst darauf, dass gerade der Profifußball eine enorme Anziehungskraft auf die Heranwachsenden besitzt, die Lieblingsspieler für die jungen Fans Idole sind. Gewaltprävention und ein Fokus auf das friedliche Miteinander gehören bei allen Kids-Clubs, die heute in den 18 Bundesliga- und nahezu allen Zweitligavereinen existieren, deshalb zu den Schwerpunkten bei der Betreuung.

Etwas könnte vielleicht bei so manch ausgeprägtem FCM-Fan alter Schule für etwas Verwirrung sorgen: Unter den 1.080 Mitgliedern im hiesigen KidsClub hat das vermeintliche starke Geschlecht nicht mehr die Oberhand. Da steht es, so weisen es die Statistiken unbestechlich aus, zwischen Jungen und Mädchen längst pari pari. Rudi Bartlitz

Zurück