Stotterstart auf solidem finanziellen Fundament

Auf dem Rasen zumindest begann das neue Jahr für Fußball-Drittligist 1. FC Magdeburg alles andere denn verheißungsvoll. Aus den ersten beiden Begegnungen, so hatten sie im Lager der Blau-Weißen spekuliert, holen wir sechs Zähler. Beim Tabellenletzten Erfurt und daheim gegen Aufsteiger Meppen – das sollte doch zu machen sein. Zumal zum Jahreswechsel am Heinz-Krügel-Platz wirklich alles zu stimmen schien: Weihnachtsmeister (sprich: Tabellenführer), ein Dutzend Zähler Vorsprung auf einen Nichtaufstiegsrang, der Vertrag mit Trainer Jens Härtel – im Vorjahr noch ein monatelanges, zähes Dauer-Thema – frühzeitig unter Dach und Fach, über 1000 Fans beim heute schon legendären England-Trip, gute Vorbereitungsspiele, alle Leis-tungsträger an Bord. Selbst ein neuer Komfort-Bus galt plötzlich als untrüglicher Beweis unübersehbaren Aufschwungs. Beim FCM schienen sie tatsächlich über goldene Hände zu verfügen. Und natürlich Füße.

Im Januar sah die Realität allerdings anders aus: Aus dem imaginären Sieger-Lotto „Sechs aus sechs“ war plötzlich das Loser-Spiel „Eins aus sechs“ geworden. Peinliche Niederlage in Erfurt, ernüchterndes Remis gegen Meppen. Einige sahen das Menetekel vom am Ende erneut vierten Platz schon an die Wand geschrieben, frei nach dem Motto „… und jährlich grüßt das Murmeltier“. Das Team war kaum wiederzuerkennen. Es nur mit einem ominösen Nervenflattern vor dem Aufstieg zu erklären, wäre zu kurz gegriffen. Wo war die Siegermentalität der zurückliegenden Monate, wo der unbedingte Wille, dem Gegner sein eigenes Spiel aufzuzwingen? Und das in einem Jahr, das zum wichtigsten für den FCM nach der Wende werden soll. Nämlich jenes Jahr, das endlich den seit 28 Jahren ersehnten Aufstieg in den bezahlten Fußball bringt. Noch nie, da sind sich alle in der Stadt und der Region – ob nun Fußballkenner oder nicht – einig, waren die Voraussetzungen dafür so gut.

Während der FCM in diesen Tagen also nach Mitteln und Wegen sucht, die (hoffentlich zeitbegrenzte) sportliche Talfahrt zu stoppen, treibt die Liga ein Thema um, von dem Magdeburg, gottseidank, nicht betroffen ist: Die finanzielle Situation vieler Klubs, insbesondere der im Osten, ist mehr als bedenklich. Seit Jahren warnen Vereinbosse, diese dritte Liga sei ein Risiko-Spiel. Hohen Kosten, so der Tenor, stünden vergleichsweise geringen Einkünften, vor allem aus TV-Geldern, gegenüber. Ganz so neu ist das indes nicht. Schon während in der Spielzeit 2016/17 wurden Fehlbeträge in Chemnitz bekannt, mehreren Vereinen wurde ein Transferstopp auferlegt. Im Frühjahr folgte der Insolvenzantrag des VfR Aalen, wenig später zog der FSV Frankfurt nach. Zwar erhielten alle Klubs letztendlich die Zulassung, doch Ex-Bundesligist 1860 München rutschte direkt in die Regionalliga durch. Mehr als ein Fingerzeig.

Jetzt kursieren Zahlen, die die Verbindlichkeiten bei RW Erfurt auf sechs Millionen Euro (Dezember 2017) beziffern. Bis vergangene Woche mussten die Blumenstädter in der Nachlizenzierung 1,6 Millionen Euro nachweisen. Bis Wochenbeginn war noch offen, ob dies gelungen  ist. Ansonsten drohen Punktabzüge, im  schlimmsten Fall die Insolvenz. Auch die Bilanzprobleme des Chemnitzer FC, von Hansa Rostock und von Preußen Münster gingen durch die Medien. Beim Halleschen FC klaffte zu Jahresbeginn laut Recherchen des MDR-Fernsehens sogar eine Deckungslücke von 1,35 Millionen Euro. Wegen fehlender Sponsorenzahlungen hatte Vereinsboss Michael Schädlich Alarm geschlagen: die Lage sei schwierig, aber nicht existenzbedrohend. Dem soll nun mit Hilfe der Stadt,  verschiedener Charity-Aktionen und Fan-Spenden entgegengewirkt werden.

Den FCM, 2002 mit einer Insolvenz durchaus ein gebranntes Kind, tangieren derartige existenzielle Problem nicht. Der Verein hat in den zurückliegenden Jahren klug gewirtschaftet und verfügt laut Medienberichten sogar über ein Eigenkapital von gut einer Million Euro. Geschäftsführer Mario Kallnik kann deshalb die Argumente von einem Risikounternehmen dritte Liga nur schwer nachvollziehen. „Ich halte es für eine Mär zu sagen, sie wäre wirtschaftlich nicht tragbar“, sagte er dieser Tage vor Journalisten. „Es gibt eine Zukunft für diese Liga.“ Und fügte hinzu: „Da ist noch viel machbar. Die dritte Liga kann durchaus rentabel sein. So haben wir beispielsweise eine hohe Präsenz im Free-TV, die die der zweiten Liga sogar übertrifft. Hinzu kommt der Vertrag mit Telekom (das Kommunikationsunternehmen überträgt sämtliche Drittliga-Begegnungen live, Anm. d. Red.).“

Einen der Gründe für die ständig weiteren Belastungen bei vielen Klubs sieht der FCM-Mann darin, dass sie den sportlichen Erfolg erzwingen wollen, dafür wirtschaftliches Risiko eingehen. Kallnik: „Jeder Verein hat es zunächst selbst in der Hand, wie er finanziell dasteht. Natürlich steigen die Personalkosten permanent an. Das muss ich als Manager beachten, gegebenenfalls gegensteuern. Die dafür nötigen Stellschrauben habe ich in der Hand.“ Für das erfolgreiche Agieren seines Klubs sieht der Manager vor allem zwei Faktoren: „Wir sind zum einen sportlich erfolgreich und verfügen über eine große Fan-Gemeinde“. Diese wiederum garantiert hohe Zuschauereinnahmen; mit durchschnittlich gut 17.200 Besuchern pro Spiel ist der FCM absoluter Liga-Krösus. Des Weiteren habe man die Werbeeinnahmen beträchtlich gesteigert: „In der dritten Liga rangieren wir da möglicherweise ganz oben.“ Ein zweiter wichtiger Faktor laut Kallnik: „Risikofaktoren haben wir immer eingeplant, nie ausgeblendet.“ Rudi Bartlitz

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