Unbekannte Sterne

Olympischer Sportbund sowie Volksbanken und Raiffeisenbanken loben den wichtigsten deutschen Preis im Breitensport aus.

An sportlichen Auszeichnungen, Ehrungen und Preisen herrscht in der heutigen Zeit wahrlich kein Mangel. Das beginnt, um einmal ganz oben anzufangen, bei der olympischen Goldmedaille und reicht hinunter bis zur mehr oder weniger ehrenhalber vergebenen, nichts desto weniger begehrten Plakette beim Kindersportfest. Stifter und Verleiher gibt es zur Genüge. Dennoch, ein Preis fristet in Deutschland selbst 15 Jahre nach seiner Einführung, völlig zu Unrecht, immer noch ein gewisses Schattendasein: die jährlich verliehenen „Sterne des Sports“. Viele Aktive und Funktionäre wissen mit ihnen wenig bis nichts anzufangen. Nur einmal im Januar, wenn in Berlin vom Bundespräsidenten oder der Kanzlerin die Deutschland-Sieger prämiert werden, rücken die „Sterne“ für Augenblicke ins Blickfeld der Medien. Einer der Hauptgründe für das mangelnde öffentliche Interesse dürfte, so ist zu vermuten, darin liegen, dass mit den „Sternen“ keine unmittelbaren, also greifbaren sportlichen Leistungen honoriert werden, sondern der Preis das – nicht hoch genug zu schätzende – gesellschaftliche Wirken von Vereinen belohnt. Von denen es in Deutschland immerhin rund 90.000 gibt.

Ins Leben gerufen wurden die „Sterne des Sports“ 2004 gemeinsam vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und den Volksbanken/Raiffeisenbanken.  Mit dem Wettbewerb, so formulierten es seine Gründungsväter, wird „das gesellschaftspolitisch wirksame Leistungsspektrum von Sportvereinen und deren besonderes ehrenamtliches Engagement gewürdigt“. Ausgezeichnet werden Tätigkeiten und Projekte, die sich Themenfeldern wie Bildung und Qualifikation, Ehrenamt, Familie, Gesundheit und Seniorensport widmen. Vergeben werden die „Sterne“ sozusagen auf drei Stufen: lokal/regional, in den jeweiligen Bundesländern und zum Schluss auf Bundesebene. Entsprechend sind die Auszeichnungen, angelehnt an das olympische Prinzip, in drei Kategorien gestaffelt: „Stern des Sports“ in Bronze (regional), in Silber (Länder) und in Gold (Bund).

Doch es geht nicht nur, wie nun vielleicht zu vermuten wäre, ausschließlich um die sogenannte Ehre. Für die „Sterne“ sind auf allen drei Ebenen Geldprämien ausgelobt, die von unten nach oben ansteigen. „Bereits auf lokaler Ebene erhalten die drei Erstplatzierten 1.500, 1.000 und 500 Euro“, informiert Elke Rienau von der Volks- und Raiffeisenbank. Bei der Chefin der Unternehmenskommunikation laufen in Magdeburg alle Wettbewerbsfäden zusammen. „Der Gewinner bei uns nimmt dann automatisch am Wettbewerb in Sachsen-Anhalt teil, der dortige Sieger qualifiziert sich für das Bundesfinale. Bei Gewinn aller drei Stufen des Wettbewerbs können Vereine so bis zu 14.000 Euro Preisgelder erhalten.“ Oder anders gesagt: Einmal bewerben – bis zu dreimal gewinnen.

Letztjähriger Gewinner im Bereich der Volks- und Raiffeisenbank Magdeburg war der Hatsuun Jindo Karate-Club Magdeburg-Barleben (HKC).  „Hatsuun Jindo" kommt aus dem Japanischen und bedeutet übersetzt: Lass die Wolken zieh'n, geh' deinen Weg! Die Jury würdigte mit der Vergabe des ersten Preises das Engagement des Vereins für ein Projekt, einer Arbeitsgemeinschaft Karate, mit geistig behinderten Schülern der Magdeburger Hugo-Kükelhaus-Schule. Das Preisgeld nutzte der HKC, der in der Vergangenheit zahlreiche Erfolge bei Welt-, Europa- und deutschen Meisterschaften vorweisen kann und seit fast zwei Jahrzehnten Mitglieder für Nationalmannschaften im Jugend-, Junioren- und Erwachsenenbereich stellt, um das Projekt fortzuführen. Auf den Plätzen zwei und drei folgten 2018 Medizin Magdeburg (Seniorensport) und Union Schönebeck (Bewegungsschule).

„An diesen Beispielen wird ganz deutlich“, unterstreicht Elke Rienau, „dass es uns bei dem Wettbewerb um die Sterne nicht um sportliche Höchstleistungen, sondern um das soziale und ehrenamtliche Engagement des Sports geht. Viel zu selten bekommen sie für ihr gesellschaftliches Engagement die Anerkennung, die sie verdienen. Das soll mit dem Wettbewerb geändert werden. Dafür engagiert sich unser Unternehmen.“ Die Zahl der Teilnehmer, so wünscht sie sich, könnte dabei „durchaus noch nach oben gehen“. Pro Jahr reichen zwischen acht und zwölf Vereine auf lokaler Ebene ihre Bewerbungen für den auf einen Sockel stehenden, zehn Zentimeter hohen und aus Altbronze gefertigten Stern ein.

Für den Wettbewerb 2019 des bedeutendsten Breitensportpreises Deutschlands, sozusagen den Oscar des Breitensports, können noch bis zum 30. Juni Bewerbungen abgegeben werden. Mitmachen können alle Sportvereine aus der Region (Bewerbungen sind ausschließlich online auf der Website www.volksbank-magdeburg.de/sterne-des-sports oder unter www.sternedes-sports.de möglich).  „Das Engagement“, so Rienau, „kann sich sowohl aus dem regulären Vereinsprogramm als auch aus einem langfristigen oder auf Dauer angelegten besonderen Projekt ergeben. Ebenso möglich ist die Auszeichnung für ein Engagement, das kurzfristig auf aktuelle, besondere gesellschaftliche Herausforderungen reagiert.“ Im übertragenen Sinne könnte das also heißen: Auch hier gilt das alte, durchaus nicht überlebte olympische Motto, wonach die Teilnahme das Wichtigste ist. Rudi Bartlitz

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