Demos für Lehrstoff

Demos find ich gut. Erstens weil das Wort bei den alten Griechen das Staatsvolk bezeichnete und zweitens wegen der lateinischen Ableitung von demonstrare, die eine öffentliche Versammlung zum Zwecke der Meinungsäußerung meint. Deshalb freute ich mich, als sich eines schönen Freitags deutschlandweit einige Tausend Schüler in Willensbekundungen übten. Die jungen Menschen schafften es mit ihrer Aktion bis in die Tagesschau. Toll, dass sie sich für eine bessere Umweltpolitik einsetzen. Schließlich ginge es um ihre Zukunft und da müssen die Alten – vorrangig natürlich die in der Regierung – dafür sorgen, dass sich der Klimawandel schleunigst wandelt.

Dem wundervollen Protest wurden auch gleich ein paar Schulstunden geopfert. Ziviler Ungehorsam  für eine gute Sache geht vor Schulpflicht und Wissensvermittlung. Nett war auch mancher Satz, der dem Nachwuchs als Demo-Begründung über die Lippen ging. Für mehr Elektro-Autos treten sie ein und das Aussterben der Eisbären wegen des schmelzenden Eis am Nordpol wollten sie verhindern. Dass Eisbären sogar unter milden Temperaturen in Tiergärten in Mitteleuropa überleben können, hatten sie offensichtlich noch nicht gehört. Offenbar glauben die Schüler, dass die Produktion batteriebetiebener Autos tatsächlich wirksame Effekte beim Ressourcenverbrauch hat und die Erzeugung von mehr Elektroenergie für die Nutzung solcher Fahrzeuge am Ende umweltfreundlicher sein würde.

Nun frage ich mich, ob das selbstbewusste Vertreten solcher Meinungen erlangtes Schulwissen zeigt oder eher durch demons-tratives Fernbleiben vom Lernort erklärbar ist. Wie auch immer. Ich glaube noch an weitsichtige Päda-gogen, die dem Nachwuchs erklären, dass große Probleme der Menschheit vorrangig durch die Gesamtheit der Individuen erzeugt werden und weniger durch einzelne Politiker. Und für den Umweltschutz würde jeder Heranwachsende bessere Beiträge leisten, als es Beschlüsse eines Parlaments könnten. Der Verzicht auf Geschenke zu Geburtstagen, Ostern oder Weihnachten und auf Reisen durch die Welt hätte sicher gewaltige Effekte. Sich von Mutti und Vati nicht mehr zur Schule chauffieren lzu assen, wäre ebenso wirkungsvoll. Wenn sie außerdem ihre Konsumwünsche in der Zukunft einschränkten und gleich noch die eigenen Eltern davon überzeugen würden, wäre ebenfalls viel erreicht. Man muss die Verantwortung nicht ausschließlich bei anderen suchen, sondern das eigene Handeln kritisch bewerten können. Auch das wäre wichtiger Lernstoff. Dafür sollten wir Erwachsene mal vor Schulen demonstrieren. Axel Römer

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