Über Gigabytes und Gigatonnen zu politischen Gigasünden

„Lehrsätze“ selbsternannter Energieexperten und Klimaschützer wissenschaftlich getestet

Eigentlich ist Ende Dezember der Zeitpunkt, zu dem man auf das vergangene Jahr zurückblickt und sich besonderer Höhepunkte erinnert. Es geht aber auch noch im Januar und sogar noch später. Atemberaubende Neuigkeiten kommen immer wieder und im zunehmenden Maße aus der Politik und von deren Protagonisten. Die gab es auch 2018. Wir wussten ja schon, dass wir Deutschen zusammen mit den anderen Industrieländern für den Klimawandel verantwortlich gemacht werden und somit den heißen und regenarmen Sommer verursacht haben sollen. Aber nun hat uns Prof. Karl Lauterbach (Gesundheitsexperte der SPD) die Augen dafür geöffnet, dass wir noch viel mehr Schaden anrichten. Jedenfalls hat er auf Twitter aus Anlass der letzten Katastrophe einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und Tsunamis hergestellt. Weil wir den Klimawandel verantworten, müssen wir auch in Indonesien ein Tsunami-Frühwarnsystem aufbauen. Im konkreten Fall war der Vulkan Anak Krakatau ausgebrochen und hatte die Monsterwelle ausgelöst. Geologisch gesehen liegt der Grund für eine Eruption in einer Tiefe von etwa 100 km. Dort herrschen Temperaturen von 1.000 bis 1.300 °C. Unter bestimmten Bedingungen entstehen dort aus schmelzendem Gestein Magmakammern mit hohem Gasdruck, sodass der Vulkan ausbricht. Klar, dass die Häufigkeit der Ausbrüche zunimmt, wenn zu den 1.300 °C noch der 2 °C-Anstieg aus der Erdatmosphäre kommt. Ist doch einleuchtend, oder?

Wir erfuhren im Herbst auch, dass es in Deutschland die ältesten Bäume der Welt gibt. Die Chefin der Linken Katja Kipping verkündete auf Twitter der staunenden Fachwelt, dass die Bäume im hart umkämpften Hambacher Forst 12.000 Jahre alt seien. Botaniker und Forstleute waren bisher davon ausgegangen, dass die Bäume dort bis zu 350 Jahre alt sein könnten, was beachtlich genug wäre. Könnte es sein, dass sich die Parteivorsitzende Frau Kipping nur unklar ausgedrückt hat und sie in Wirklichkeit die unter dem Hambacher Forst ruhenden Bäume meint, die zu Braunkohle geworden sind und auf ihre Förderung warten? Wohl kaum, denn dann hätte sie sich ja geirrt. Sie sind mindestens fünf Millionen Jahre alt. Also wird sie es schon so gemeint haben, wie sie es geschrieben hat. Da lernen wir eben etwas dazu.

Maße und Unmäßigkeiten
Irrtümer hingegen muss man wohl dem Grünen  Frontmann Cem Özdemir unterstellen. Er erklärte uns, dass in Deutschland der „Energie-Verbrauch zur Mittagszeit ungefähr 80 Gigabyte sei, unsere Energiewirtschaft aber 120 Gigabyte liefern könne. Kann ja mal passieren, dass man Gigabyte mit Gigawatt verwechselt. Hat ja alles irgendwie mit Elektronen zu tun. In dieser Umweltpartei, die die Energiefrage als ihre Kernkompetenz ausgerufen hat, sind alle Experten. Özdemir versteht sicher auch viel von Energie, aber er ist nicht als Oberexperte ausgewiesen. Diese Rolle gesteht man hingegen gern Annalena Baerbock zu. Zumindest wird sie im Internet so gehandelt. Und man ist sogar geneigt, dem zuzustimmen, denn immerhin ordnet sie den Dingen die richtigen Maßeinheiten zu. Vermutlich würde Sie nie versuchen die Energie in Maßeinheiten wie Megabyte, Megatonnen oder Hektoliter anzugeben. Bei der Mengenangabe für CO2 wählte sie mit der Sicherheit einer Traumwandlerin die richtige Maßeinheit für Masse: In diesem Falle Gigatonnen (gt). Also, das Prädikat Energieexpertin scheint sich zu bestätigen. So wusste sie dann auch am 13. Dezember in einer Talkrunde bei Maybrit Illner zu berichten, dass jeder Deutsche im Durchschnitt für einen Kohlendioxidausstoß von 9 Gigatonnen pro Jahr verantwortlich sei. Sie sagte das mehrfach, sodass ein Versprecher wohl eher nicht infrage kommt. In der Runde u.a. mit dem Experten für Erneuerbare Energien Philipp Schröder und dem Klimaforscher Stefan Rahmsdorf gab es von niemandem auch nur ein Stirnrunzeln. Neun Gigatonnen, also 9 Milliarden Tonnen wäre die 11-fache Masse der weltweiten Braunkohlenförderung des Jahres 2016. Übrigens auch das 13-fache der Wassermasse der Müritz. Da könnte Frau Baerbock mal hinfahren, um sich eine Vorstellung von Größenordnungen zu verschaffen. Statistisch errechnet ist eine durchschnittliche Pro-Kopf-CO2–Produktion von 9 Tonnen. Aber es muss halt dramatisch klingen. Eine Produktion von je 9 Tonnen des Teufelszeugs haben sich übrigens Cem Özdemir und seine Tochter zum Jahresende gegönnt, indem sie in den Anden Urlaub gemacht haben. Das kann man mit einem CO2-Kalkulator im Internet errechnen. Mit einem Post auf Twitter zeigt sich der Ex-Chef der Grünen mit Cowboy-Hut, Poncho und Sonnenbrille in einer Berglandschaft und schreibt: „Habe auf 4.380 Metern Höhe über Neujahr mit Tochter auf dem Pferderücken von Argentinien nach Chile auf den Spuren von San Martin die Anden überquert & Energie für das neue Jahr getankt.“ Er ist eben doch ein Energieexperte!

Von den Politikern des Weltklimarates (IPCC) wird empfohlen, dass man aus Klimaschutzgründen die Prokopfproduktion von CO2 unter einem Wert von 2 Tonnen pro Jahr halten sollte. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Katharina Schulze, düste zum Jahresende nach Kalifornien und überzog ihr vom IPCC empfohlenes CO2-Jahreskontingent mit 3,6 Tonnen beträchtlich in wenigen Tagen. Die bayrische Spitzenfrau der Grünen, die immer wieder gegen Klimasünder demonstriert, auch gegen eine dritte Startbahn auf dem Flugplatz München gekämpft hat, wird mit diesem Statement aus dem Jahr 2014 zitiert „‘Man muss von Politikern erwarten können, dass Wort und Tat übereinstimmen.‘ – das stammt von Hans Jochen Vogel und beschreibt auch mein Selbstverständnis als bayerische Landtagsabgeordnete. Privat fahre ich in München fast täglich mit dem Fahrrad, besitze kein Auto und auch meine privaten Urlaubsreisen im Sommer habe ich mit der Bahn durchgeführt. Ich versuche immer Alternativen zum Fliegen zu finden und so dieses klimaschädliche Transportmittel maßvoll zu nutzen.“ Von folgenden Reisen, die überwiegend als Urlaubsreisen erkennbar waren, hat sie in den letzten Jahren Berichte getwittert: Kalifornien (jetzt), Amman (2018), Athen (2017), Barcelona (2017), Dänemark (2017), Washington (2017), Peking (2017), Madrid (2017), Seattle (2017), Little Rock, Arkansas (2017), Lissabon (2017), Tallinn (2017), Moskau (2017), Kuba (2016), Mongolei, (2016) San Diego (2015), Washington (2015), Indien (2015), Brüssel (2014), Oslo (2014), Helsinki (Zeit ist aus dem Post nicht erkennbar).

Überhaupt sind Klimaschützer sehr mobil und nehmen die damit verbundene CO2-Produktion gern in Kauf. Die „Berliner Zeitung“ und andere Blätter berichteten Mitte Dezember, dass Vertreter aus 194 Staaten, dazu mehr als 32.000 Fachleute, Politiker, Wirtschaftsvertreter, Aktivisten und Journalisten ins polnische Kattowitz reisten und 14 Tage lang debattierten, mahnten und beobachteten. Für Aufsehen sorgte Greta Thunberg (15) aus Schweden, die als „berühmteste Schulschwänzerin” der Welt umjubelt wird. Sie gab bekannt, jede Woche freitags nicht zur Schule zu gehen, um vor dem schwedischen Parlament für einen stärkeren Kampf gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Würde Greta ihre schulischen Bildungschancen nutzen, könnte sie ausrechnen, wieviel zusätzliches CO2 durch sie und die 32.000 anderen Besucher der Konferenz durch ihre Reise nach Kattowitz in die Atmosphäre gepustet wurde. Es dürfte sich um Zahlen im dreistelligen Kilotonnen-Bereich handeln. So muss man aber befürchten, dass Greta so etwas niemals lernen wird und so wie ihre schon erwachsene deutsche Mitstreiterin mit Begriffen wie Kilo, Mega und Giga nichts anzufangen weiß.

Annalena Baerbock, die Grünen-Chefin und Energieexpertin hat nicht nur zum Jahresende mit erstaunlichen Botschaften von sich reden gemacht, sondern auch gleich zu Jahresbeginn. Sie sagt einfach kluge Sachen, die jeder verstehen kann und einsehen muss. Am 21. Januar  2018 sendete der Deutschlandfunk unter dem Titel „Ich bin leidenschaftliche Europäerin“ ein Interview mit ihr. Darin räumte die Kämpferin gegen Braunkohle zunächst ein „An Tagen wie diesen, wo es grau ist, da haben wir natürlich viel weniger erneuerbare Energien.“ Aber dann kam die Lösung: „Deswegen haben wir Speicher. Deswegen fungiert das Netz als Speicher.“ Wahrscheinlich stellt sie es sich so vor, wie beim Gartenschlauch. Wenn wir den anschließen und den Hahn aufdrehen nimmt erstmal der Schlauch viel auf, bevor am anderen Ende Wasser herauskommt. So könnte es beim Strom auch sein, und deshalb ist das Netz nach Annalena Baerbock ein Stromspeicher. Wenn wir dickere Leitungen verbauen würden, wäre das Speicherproblem gelöst, denn in dickere Drähte passt natürlich viel mehr Strom rein als in dünne. Ist doch für jeden einleuchtend. Deshalb gibt es auch in den Umfragen einen Höhenflug der Grünen. Bei ihnen ist immer alles so schön einfach und verständlich.

Woran glauben Klimaschützer?
Es gibt ja in der Klimaforschung verschiedene Richtungen. Die traditionelle Disziplin ist die Klimatologie, eine Wissenschaft, die in vergangene Erdepochen schaut und die Gründe für frühere Klimaveränderungen erforscht und daraus Prognosen ableitet. Die Vergangenheit ist auf vielfältige Weise sehr zuverlässlich analysierbar. Die große Mehrheit der Forscher, die sich übrigens Klimawissenschaftler nennt, folgt dieser Arbeitsweise kaum und sagt, dass wir Menschen mit unserer Produktion von Treibhausgasen für die Erderwärmung verantwortlich seien, was sich übrigens aus dem Rückblick nicht ableiten lässt. Sie errechnen Erderwärmungsszenarien mit Computermodellen auf der Basis von Theorien.

Die Klimatologen klassischer Prägung fanden, dass es in den letzten Zehntausend Jahren neun Kaltzeiten und acht Warmzeiten gegeben hat, wobei die Summe der Warmzeiten etwa das Doppelte der Kaltzeiten betrug. Nie war dabei das CO2 in der Atmosphäre ein Auslöser für Veränderungen, sondern immer Schwankungen des Erdmagnetfeldes und/oder kosmische Einflüsse wie die Variabilität der Sonnenaktivität und der kosmischen Strahlung. Die Minderheit der Klimatologen findet in den Medien, der Politik und bei den Klimaschützern kaum Gehör. Aber wenn es darum geht, mal wieder in den Urlaub zu jetten oder eine Konferenz zu besuchen, scheinen sich plötzlich wohl doch alle die Minderheitenmeinung zu eigen zu machen, dass die Erde das CO2 schon vertragen wird. Verständlich! Ich weiß aus meiner aktiven Zeit als Wissenschaftler, dass es sehr angenehm ist, Tagungen zu besuchen, vor allem dann, wenn der Steuerzahler für den größten Teil der Kosten aufkommt, was bei uns Naturwissenschaftlern leider nicht immer der Fall war. Prof. Dr. Reinhard Szibor

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