Schlossanlagen im Landkreis Börde

Kaum jemand vermutet, dass es im westlich an Magdeburg angrenzenden Landkreis Börde nicht nur eine Vielzahl an Burgen und Schlössern gibt, sondern auch die Braunschweiger Welfen ihre Spuren in Haldensleben-Hundisburg und in Calvörde hinterließen. Das Adelsgeschlecht der Familie von Alvensleben hatte vor allem beiderseits der Elbe Besitzungen, zu denen im Landkreis Börde der Burgenkomplex im heutigen Bebertal im Ortsteil Alvensleben gehörte. Die Vereinigung mit dem benachbarten Ortsteil Dönstedt zu Bebertal erfolgte erst 1950.

Es ist völlig unverständlich, warum man an dieser Geschichtsfälschung bei diesen Ortsteilnamen festhält, zumal kein Bach Beber durch diese beiden Orte fließt. Sichere Erwähnungen liegen nach Harksen und Engels seit 1187 von „alvensleve“ und von 1192 als „alvenscleve“ vor. 961 schenkte Kaiser 0tto I. Dununsteti (Tununstedi) mit anderen Besitzungen zusammen dem Moritzkloster zu Magdeburg. Seit 1196 wird eine Familie von Dönstedt urkundlich erwähnt. Alvericus de Duns-tede bekleidete 1244 das halberstädtische Schenkenamt; seit der Mitte des 13. Jahrhundert nannte sich daher die Familie Schenken von Dönstedt. Um 1280 änderte sich der Name in Schenken zu Flechtingen, nachdem die Familie die wichtigere Burg Flechtingen erhalten hatte.

Zur Zeit des Königreichs Westfalen vom 9. Juli 1807 bis 1815 gehörte Dönstedt zum Kanton Alvensleben im Distrikt Neuhaldensleben im Elbdepartment. Mehr als ein Grund nun, dies wieder zu den ursprünglichen Ortsnamen abzuändern, um diese einstige kommunistische Geschichtsfälschung zu beenden.

Der ab 1694 erfolgte Umbau der frühmittelalterlichen Hundisburger Rundburg Hunoldesburg, welche auch mal für die Bezeichnung dieses Bördedorfes so ab 1140 sorgte, hatte seine Ursache in dem misslungenen ersten Fachwerkschlossbau des Braunschweiger Herzogs Anton Ulrich (1633-1714) in der Bauzeit von 1688 bis 1694. Nach Einschätzung des Kunsthistorikers Udo von Alvensleben zeigt sich das Schlossbauideal dieses Welfen in keinem der Bauwerke, deren geistiger Urheber er gewesen ist, reiner verwirklicht als in Hundisburg. Erst nach Geländeankäufen war es dort möglich, diese Barockschlossanlage nach Fertigstellung des Schlosses 1702 unter dem braunschweigischen Landesbaumeister Hermann Korb (1656-1735) bis etwa 1730 mit dem östlichen Lustgarten zu vollenden.

Sehr interessant ist, dass auch in Hundisburg es zur Anlage eines Naturtheaters kam, das dem vorher in Hannover-Herrenhausen entstandenen Heckentheater in ähnlicher Ausführung entstand. Dort hatte der französische Gartenarchitekt Martin Charbonnier (um 1655-1720) von 1689 bis 1714 den schönsten Barockgarten Deutschlands geschaffen. Ein barocker Zufall in Hundisburg?

Alvensleben ist in mehrfacher Hinsicht geschichtlich interessant. Das dortige Archidiakonat gehörte nach Udo von Alvensleben zu den ältesten kirchlichen Niederlassungen des Hochstifts Halberstadt. Zu seinem Schutz gründeten die Bischöfe auf einem Felsmassiv über dem Tale der Bever eine Burg, in deren Obhut im 10. Jahrhundert ein Marktflecken entstand. Im Mittelalter war Markt Alvensleben ein von Mauern und Toren umgebenes starres Gebilde, überragt von zwei Burgen: Der bischöflichen und der markgräflich brandenburgischen, die 1439 an die Herren von Veltheim gelangte und so den Namen Veltheimsburg erhielt. Eine dritte, die sogenannte „Musikenburg“, von den Herren von Alvensleben kurz vor 1200 errichtet, erhob sich westlich von diesen Burgen. Seit 1257 gehörte die Bischofsburg nach dem Emdener Kantor Bock dem Erzstift Magdeburg. Es begann damit eine wechselvolle Geschichte des Gesamtburgenkomplexes bis 1598, wo alles eine erzstiftische Domäne wurde. Seit 1534 bis zu diesem Jahr hatten die Herren von Alvensleben die nunmehr den Erzbischöfen von Magdeburg gehörende Burg in Pfandbesitz und stellten die stark verfallenden Gebäude großzügig wieder her. Bis auf den heute dort noch befindlichen runden 30 Meter hohen Bergfried, der 1930 innen völlig ausbrannte und einen Zinnenkranz trägt, sowie die Reste der romanischen Marienkapelle brach man die Bauten seit 1685 wieder ab. Aus dem 18. Jahrhundert stammt die von einem erweiterten Herrenhaus hervorgegangene Veltheimsburg (Foto oben). Nach Harksen kam es 1882 und 1910 zu Erweiterungsbauten, welche zu dem heute dort zu sehenden Bauwerk im Stil der Neorenaissance mit Arkaden und Torturm an der dem Innenhof abgekehrten Seite führten.

Der dazu gehörende Park auf der Stelle der früheren Bischofsburg mit einem unerforschten Labyrinth unterirdischer Gänge geht auf Johann Gottlob Warmholz (1726 -1800) zurück, dem eine Inschrift auf dem Postament (Foto klein) neben der Gruft gewidmet ist:

Dem Joh. Gottl. Warmholz, gest. 9. May 1800
gewidmet von der Schwester.
Er schuf aus einer oeden Flur
Einst diese freundliche Natur.
Mit Kunst im glücklichen Verein
Ward sie zum Nachtigallen Hain
Der Freundschaft und der Harmonie
Und der Erholung weiht er sie
Beym Seitenspiel und Harfenklang
Wir denken sein mit stillem Dank.

Für diesen Parkschöpfer findet man in der Marktkirche St. Jakob als romanischer Bau ein Epitaph mit Inschrift an der Westwand der Kirche im Herrschaftsstuhl. Eine jetzt in der linken unteren Ecke gebrochene rechteckige Marmortafel mit einst vertiefter, vergoldeter Kapitalinschrift mit einer Höhe von 84 cm und einer Breite von 1,50 m. Inhalt der Inschrift lautet: J. G. W., Hessen – Homburgischer Geheimer Kammerrat, geb. 9.8.1726 in Quedlinburg, gest. 9.5.1800 in Alvensleben.

Seit 1993 gehört Alvensleben mit seiner Friedhofskapelle St. Stephanus aus dem 10. Jahrhundert zur Nordroute der Straße der Romanik, die in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen feiert. Volker A. W. Wittich

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