Die ehrlichste Faust

Der 1938 in Werdau bei Zwickau geborene Werner Kirsch gehörte zweifelsohne in eine Reihe mit den ostdeutschen Erfolgstrainern wie Manfred Wolke, Ulli Wegner und Fritz Sdunek, die nach ihrer Karriere für den Amateursport die einst großen Berufsboxställe Universum und Sauerland Profi-Weltmeister formten. Mit Wolke verband Kirsch als Kadertrainer schon zu DDR-Zeiten eine enge Zusammenarbeit. Dabei kam er eher zufällig zum Boxen. Er hatte es mit Turnen, Fußball, Handball und Leichtathletik versucht. „Überall waren die Großen am Werk. Mit meiner Statur konnte ich nirgends etwas erreichen. Bis mich einer zum Boxen geschleppt hat“, sagte er einmal über seine sportliche Laufbahn. 1960 stand der Leichtgewichtler vom damaligen SC Cottbus für die gemeinsame deutsche Olympia-Mannschaft in Rom im Ring. Von 1963 bis 1966 ist er in Folge Deutscher Meis-ter im Leichtgewicht. Außerdem Vizemeister im Bantam- und Federgewicht. 1964 verhinderte eine Platzwunde am Auge die Olympiateilnahme beim Ausscheid zwischen BRD und DDR in Mexiko. Nach den eigenen sportlichen Erfolgen bleibt Kirsch dem Boxen treu und war Übungsleiter in Cottbus. Dort trainierte er den Nachwuchs. Im Sommer 1975 kam es zum Eklat mit Berliner Sportfunktionären. Schützling Jende sollte als Sparringspartner antreten. Kirsch stellte sich vor den Boxer, weil er das junge Nachwuchstalent schonen wollte. Wegen der Weigerung wurde er als Trainer abberufen. Insgesamt 25 Jahre schenkte Werner Kirsch dann Getränke aus. Bei Boxwettkämpfen war er nur noch Zaungast. Uli Wegner rief ihn Anfang 2000 an und fädelte den Kontakt zu Ulf Steinforth ein. Das war sein zweiter Start als Boxtrainer. Damit gehörte er zur Gründergeneration des Magdeburger SES-Profiboxstalls. René Monse (gest. 8. Juni 2017), Dirk Dzemski und Lukas Konecny trainierte er und feierte mit ihnen Erfolge. Robert Stieglitz war seine größte Entdeckung und am Anfang dessen Laufbahn war er wie ein Ersatzvater für den späteren Supermittelgewichtsweltmeister. Werner Kirsch mochte die kurzen, geraden Sätze genauso wie die eindeutigen Treffer. Für ihn waren weder im Boxring überschwängliche Gesten noch in der Öffentlichkeit große Reden wichtig. „Boxen ist Krieg“ – das war ein typischer Kirsch-Satz. Entweder oder …, Sieg oder Niederlage – wer sich in den Boxring stellt, muss einstecken und austeilen können. Um den heißen Brei redete er nie herum. Am 2. August verstarb Werner Kirsch 79-jährig in Berlin. In der Aufbauzeit von SES Boxing prägte er maßgeblich mit seiner ehrlichen „Trainer-Faust“ den Erfolg der Magdeburger Profisportler. Die Beisetzung findet am 22. August statt.

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