Es könnte spannend werden

In der kommenden Woche startet die Handball-Bundesliga in die neue Saison. Der SC Magdeburg will ganz oben mitmischen.

Schier endlose 74 Tage währte zwischen Flensburg und Balingen diesmal die handballlose Zeit. Zumindest die Hardcore-Fans empfanden das so. Magdeburg machte da keine Ausnahme. Einen Vorgeschmack darauf, wie stark das Verlangen nach dem schnellen Spiel mit dem kleinen Ball ist, wurde bei der traditionellen Saisoneröffnung deutlich. Volksfest-Charakter rund um die Getec-Arena. Weit über 4.500 Zuschauer strömten in die Halle, mehr als einige Liga-Konkurrenten bei entscheidenden Punktspielen hinter sich wissend. Die Neugier auf den neuen SCM, mit immerhin sechs teils prominenten Zugängen, ist riesengroß. Zumal das Team um Cheftrainer Bennet Wiegert in der zurückliegenden Saison mit Rang drei – der besten Platzierung seit 2005 – die Erwartungen zusätzlich in die Höhe getrieben hat.

Am 22. August  ist es also endlich wieder soweit – die Bundesliga, für viele immer noch die vermeintlich „stärkste Liga der Welt“, geht in ihre mittlerweile  54. Saison. Eine Spielzeit, über der, glaubt man den Experten, diesmal eine besondere Spannung liegt. Sechs Teams (SG Flensburg, THW Kiel, Rhein-Neckar Löwen, SC Magdeburg, MT Melsungen und Füchse Berlin) haben sich in den zurückliegenden Spielzeiten von der Konkurrenz ein wenig abgesetzt. „Ich denke“, erklärte SCM-Geschäftsführer Marc Schmedt im „Handball-Kurier“, „in der Spitzengruppe finden sich zunächst die üblichen Verdächtigen: Kiel, Flensburg, Rhein-Neckar Löwen. Sie bleiben die Top-Favoriten.“ Dennoch geht er davon aus, „dass die Abstände insgesamt immer enger werden“. Auch Wiegert („Nach den Rängen fünf und vier in den Vorjahren haben wir es mit Platz drei geschafft, uns fest da oben zu etablieren““) äußerte im Interview mit dieser Zeitung die Hoffnung, „dass es nicht ein für allemal bei den Großen Drei bleibt. Ich denke, es steht der Liga insgesamt nicht so gut zu Gesicht, wenn eine Mannschaft am Ende mit nur vier Minuspunkten Meister wird, wie zuletzt Flensburg. Da droht irgendwann Langeweile.“
 
Es ist also nun nicht zuletzt am SCM, die Spitze ein wenig (oder sogar gehörig) durcheinander zu wirbeln. Ein halbes Dutzend Neulinge (darunter die deutschen Auswahlakteure Tim Hornke, Erik Schmidt und Moritz Preuss sowie der mazedonische Nationalspieler Filip Kuzmanovski) stehen Wiegert dafür zur Verfügung. So soll eine der, gegenüber den Top-Klubs, noch vorhandene Schwachstelle ausgemerzt werden: die fehlende Breite im Kader. Das gilt jedoch nicht für die Außenpositionen: Über ein derart hochkarätig besetztes Quartett wie Matthias Musche, Hornke, Lukas Mertens und Daniel Pettersson würden sich selbst die Top-Teams die Hände reiben.
 
Nicht nur mit einem Auge wird in der neuen Meisterschaft auf das Abschneiden der beiden deutschen Vertreter (Flensburg, Kiel) in der Champions League geschaut. Denn international ist der deutsche Klubhandball längst nicht mehr dort, wo ihn die meisten Protagonisten immer noch wähnen – nämlich ganz oben. Zum dritten Mal hintereinander fand 2019 das Final-Four-Turnier in Köln – wichtigster Gradmesser für die Zugehörigkeit zu den europäischen Top-Teams – ohne deutsche Beteiligung statt. Ein kleiner Hoffnungsfunke zumindest: Der Aderlass an Top-Akteure ins Ausland ist geringer geworden, sieht man einmal von Dänen-Star Rasmus Lauge (zu Telekom Veszprem) und vom deutschen Nationaltorhüter Andreas Wolf (Vive Kielce) ab. Auf der Plusseite stehen die Rückkehr von National-Linksaußen Uwe Gensheimer (von Paris St. Germain) zu den Löwen und der für nächstes Jahr avisierte Wechsel des norwegischen Ausnahmespielers Sander Sagosen (Paris) zum THW Kiel.
 
Auch das ist neu in der Liga: Schmierstoffe statt Kredite, heißt es künftig. Der schwäbische Ölspezialist Liqui Moly hat die Deutsche Kreditbank als Namensgeber abgelöst. Das blau-rot-weiße Logo des weltweit agierenden Unternehmens mit Hauptsitz in Ulm ist bei allen 306 Saisonspielen auf TV-relevanten Werbeflächen in jeder Spielstätte zu sehen. Moly-Chef Ernst Prost – das ist der nette Onkel, der in der TV-Werbung immer so treuherzig in die Kamera blickt und die Kunden ganz lieb bittet, doch seine Produkte zu kaufen – redet nicht um den heißen Brei herum. „Es geht“, erklärt er, „schlichtweg um Werbung. Werbung für unsere Marke, Werbung für unsere Produkte." Präsent sein bedeute, gesehen zu werden, vor Ort, aber vor allem bei Live-Übertragungen und in Medien, so Prost. Das Namenssponsoring einer ganzen Liga biete dem Unternehmen völlig neue Möglichkeiten: Kunden in ganz Deutschland mit „Incentives" – also sogenannten Erlebnisgeschenken – zu belohnen. Beim Sponsoring eines einzigen Vereines wäre das nicht möglich. Wie viel er in sein „Leuchtturmprojekt Handball“ investiert, verrät Prost, ganz Kaufmann, freilich nicht. Rudi Bartlitz

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