Zurück zu alten Zeiten?

Tom Schwarz ist wieder da. Das Las-Vegas-Debakel im Juni gegen Tyson Fury hat offenbar keine allzu tiefen Risse beim Magdeburger hinterlassen. Physisch nicht, und psychisch bei einem wie Schwarz sowieso nicht. „Er ist an der Niederlage gegen den wahrscheinlich derzeit bes-ten Schwergewichtler der Welt nicht zerbrochen“, meinte sein Promoter Ulf Steinforth in der vergangenen Woche. „Obwohl so etwas im Boxen durchaus passieren kann.“ Nein, zerbrochen ist der 25-Jährige nicht, obwohl dem bis dahin Unbesiegten im US-Spieler-Paradies die Grenzen zur Weltspitze doch deutlich aufgezeigt wurden. Obwohl der größte Abend in der bisherigen Karriere des Profiboxers Schwarz, der bis dato nur zwischen Elbe und Saale Berühmheit erlangt hatte, nicht einmal sechs Minuten währte.

Nun muss der Star des Magdeburger SES-Stalls, der sich in der Wüstenstadt ein anständiges Zubrot (kolportiert wird eine hohe sechsstellige Euro-Summe) verdiente, in heimischen Ringen erst einmal wieder etwas kleinere Brötchen backen. Und die Stadthalle seiner Heimatstadt kann es, was Aura und internationale Strahlkraft betrifft, natürlich nicht mit dem MGM Grand Hotel von Las Vegas aufnehmen. Am 28. September ist der Hamburger Ilja Mezencev, ein Mann mit kasachischen Wurzeln, der Gegner, wenn es um den vakanten Interconti-Gürtel des Weltverbandes IBF geht.

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit dem Date mit Fury präsentierte sich Schwarz verbal angriffslustig wie eh und je. „Ich bin nach einem Urlaub wieder im Training und freue mich auf den Kampf.“  Das war noch der harmloseste Satz, sozusagen Ouvertüre und Nebelkerze in einem. Anschließend fuhr Schwarz gewohnt schweres Geschütz auf: „Mein Jab und meine Rechte sind mittlerweile so hart, da wird bei Ilja nichts mehr gerade sein“, tönte er. Er habe heute „noch dickere Eier“ als früher. In Richtung Mezencev fragte er: „Ich bin geis-tig auf dem höchsten Niveau, wie könnt ihr denken, dass ihr eine Chance habt?“  Schwarz – der in Las Vegas außerhalb des Seilgevierts nahezu problemlos mit dem als exzellenten Entertainer bekannten Fury mithalten konnte – also wie in besten Tagen. Es war wohl kein Zufall, dass Veranstalter SES den Kampfabend unter das Motto stellt: „Back to the Roots“, was sich, ein wenig frei übersetzt, auch als zurück zu alten Zeiten interpretieren ließ.

An alte Zeiten will Mezencev jedoch nicht allzu gern erinnert werden. Der 23-Jährige, der nebenbei Sozialökonomie studiert, hatte seine bisher einzige Niederlage vor knapp vier Jahren gegen Schwarz hinnehmen müssen. Damals ging es in Dessau um den Junioren-Weltmeistertitel im Schwergewicht. Schwarz hatte in einem der bes-ten Gefechte seiner nunmehr sechsjährigen Laufbahn in der siebten Runde durch technischen K.o. gewonnen. Allerdings hatte  sich der Magdeburger in der ersten Runde im Ringstaub wiedergefunden. „Das schaffte nicht einmal Fury“, freut sich Mezencev im Rückblick. „Ich will alles wieder gerade rücken. Ich hatte ihn am Boden, habe aber den Sack nicht zugemacht. Das passiert mir nicht mehr.“ Auch Schwarz möchte nur ungern an diese Begebenheit erinnert werden. Der Niederschlag damals sei ein Stolperer gewesen, behauptete er. „Ich weiß aber, dass ich ihn dreimal K.o. geschlagen und ihm den Kiefer verschoben habe.“ 

Neben dem fest eingeplanten Sieg über Mezencev hat sich der Magdeburger Schwergewichtler für den Herbst noch etwas anderes vorgenommen: Er will der Einladung Furys zu einem Aufenthalt in England folgen. Der Champ lud den Deutschen nach dem Fight in seine Heimat ein. Er hat Schwarz, obwohl er ihn nach Herzenslust verprügelte, ganz offensichtlich ins Herz geschlossen. „Das werden wir auf jeden Fall wahrnehmen“, erklärte Steinforth. „Tom und sein Trainer Rene Friese können dort neue Impulse mitnehmen.“ Und rumalbern, wie in Las Vegas, kann Schwarz mit dem Briten dann auch wieder nach Lust und Laune. Rudi Bartlitz

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